Schlaftrunken suchte ich nach Orientierung in meinem Zimmer, Weihnachten war nicht, denn dann wäre gestern Heiligabend gewesen und da hatten damals keine Diskos offen, auch der legendäre Aachener scotch-club nicht. Was aber nun erregte meine Mutter so, dass sie leise lärmend und doch schimpfend in der Türe verharrte und mich andauernd fragte, wo das Teil her käme?

Der Blick auf die Uhr verriet, es war 10 Uhr durch, also Frühstück verschlafen, aber deswegen grummelte Sie doch sonst nur leise bis mittags, die Schlafstunden waren allerdings noch zu wenige, nur was war hier denn nun los, das Muttern so ausser sich geriet.

Langsam, meine Mutter hatte sich abgewandt, drängte sich der gestrige Tag in die Erinnerung. Wir hatten die Gosse gefegt, den Platz vorm Haus aus Aachener Rothe Erde wie immer Samstags fein säuberlich im wechselseitigen Besenstrich fischgrätartig gekehrt. Anfangs hatte Opa zur Hilfe noch eine Schnur gespannt, aber das war schon lange nicht mehr erforderlich, zum einen da Opa mittlerweile verstorben war und weil mit etwas Sturheit das auch so gerade und schön ansehnlich wurde. Nun stand also fest, heute musste Sonntag sein, ich war spät oder auch früh heim gekehrt und hatte das Frühstück verschlafen.

Das gibt doch keinen Sinn, weshalb zetert meine Mutter so? Mir schwante, es war kein einfacher Sonntag, nur wollte gerade nicht deutlich werden, ob Pfingsten oder Frohnleichnam oder, ach nee, ja dann ist es wohl doch Zeit sich zu beeilen. Kurz durch das Gesicht gerieben, Katzenwäsche würde ich sofort erfahren wenn ich hoch käme, Hose über stülpen, ja ja, die Zeiten von 24 Stunden Jogging-Anzug waren noch nicht da, Morgenmantel hieße suchen, also lieber ne Botz angezogen. Ordentlich zurecht gemacht, zerzaust betrat ich die Wohnstube im ersten Stock, mein Vater war offensichtlich schon geflüchtet, der Tisch mit einer bestickten weißen Tischdecke sauber abgedeckt, natürlich war das Frühstück schon abgeräumt und alles wieder an seinem Platze, es herrschte Ordnung, die 68’er mühten sich seit Jahren diese zu de formieren.

Auf meine Frage, was denn nun sei, wiederholte meine Mutter, „was ist das“ und wies auf das Fenster, nun verstand ich wieder nichts. Ich folgte einfach ihrem ausgestreckten Arm und ging zum Fenster, nichts zu sehen, öffnete dieses und blickte hinaus. Oh Himmel Herrgott was war das! Mitten auf dem Fischgrät des roten Vorplatz stand ein vielfarbiges stark verwahrlostes Motorcoupe, dies sagte man dazu, weil der Vergleich zum Auto vermieden wurde und hatte bedingt durch die unterschiedliche Spurweite mit vier Fahrspuren in der peinlich gefegten roten Schlacke ihre Herkunft markiert. Zu allem Übel hob sich die hellblaue rostbraun verzierte und von vielen Nahkämpfen überall verdellte Isetta auf dem roten Boden ab wie das schwarze auf einer weißen Zielscheibe. Jetzt war ich selber platt, „Mutter, ich habe keine Ahnung wo die herkommt, ich habe nichts angestellt“. Mein Vater kommt die Treppe hinauf , was die Spannung etwas mildert und hält einen Umschlag in der Hand. „Das lag im Hausflur.“

Neugierig schaut meine Mutter hinein, es fällt ein Schlüssel und der ölfingrige KFZ-Brief auf die blütenweiße Tischdecke, ich halte den Atem an. Jetzt dämmert es, vor ungefähr vier Monaten, es kann auch länger her gewesen sein, hatte ich einem Isettafahrer aus meinem Fundus ein Ersatzteil gegeben, das war üblich, man tauschte und half aus wenn es ging. Ja stimmt, dieser sagte: “Wenn das nächste Teil kaputt geht, kommt sie auf den Schrott“. Worauf ich dann geantwortet hatte: „Dann ist mein Teil weg, kannste auch zu mir abgeben“. Das war also nun der Rückläufer. Schnell runter und das Ding hinters Haus schieben, war leichter gesagt als getan. Die Spur zu treffen war mir nicht gelungen, das Fischgrät also nun schon deutlich gezeichnet und zu allem Überfluss hatte sie auch noch großzügig und sich deutlich vom roten Belag abhebend markiert.
Reichlich Ersatzteile waren wiedermal gefunden, sicher war wie immer auch genügend Ausschuss dabei, auf den Tag des Zugewinnes habe ich dann immer vermieden ins Gespräch zu kommen.

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