Ja Chef, nein natürlich nicht, ich pass auf, wird gemacht Chef, was 20 Mark, Cheeff! Ja können wir verrechnen mit den Überstunden. Vorsichtig setze ich den weißen Bedford aus der Werkstatt, nur Ruhe und nirgends anecken, hänge den Saris-Anhänger an die Anhängerkupplung. Nicht vergessen, ich brauche noch vier Baubohlen, weil die Isetta ja nun nicht zum Umfahren von Schlaglöchern geeignet ist, mit ihren zwei Spurweiten.

So, gut gerüstet kann es nun eigentlich los gehen. Mein Arbeitskollege hatte mir erzählt, dass sein Vater einen Bergmannskollegen hat, dessen Nachbar seit einiger Zeit im Vorgarten eine Isetta stehen hat und dessen Frau wohl nun zum wiederholten Frühjahr sehr deutlich geworden sei, den Blumen wieder Raum zu gewähren, oder halt den Kartoffeln, was üblicher war, Gärten ohne Nutzen hießen Park und gehörten den Kommunen.

Nach unendlichen Versuchen, ohne Erwecken von Interesse, meinen Bedarf mitzuteilen, dass ich diese gerne zum Schrottpreis abnehmen würde, erspare ich dem Anbieter ja eigene Mühe und Arbeit und stiftete Frieden mit seine Frau, hatte ich nun völlig unerwartet und ungeplant Rückmeldung erhalten, „komm sie heute holen, morgen kommt der Trödler sie holen“

Nun für den Schrott war sie nun wirklich zu schade. Selbst wenn kein TÜV und nicht mehr gut beieinander, einige Teile würde ich mit Sicherheit gebrauchen können. Aber heute war Freitag und eigentlich sollte alles geputzt werden, das erfreute den Chef natürlich nicht, dass ich nun auch noch ohne Putzen privat weg wollte mit dem guten Firmenbully. Ich hatte keine Alternative, mit meiner Isetta konnte ich nichts ziehen, der Käfer des Kollegen hatte keine Anhängerkupplung und sonst kannte ich niemanden, der entsprechend bestückt war. Ja doch, meinen Vater könnte ich fragen, dieser würde sicher sofort Verdacht schöpfen, dass der Schrott sich mehrt und zu dem auch nicht in Begeisterung verfallen, wenn der geliebte Wochenendausflug zum Wohnwagen an die Mosel durch meine Aktion unbestimmt nach hinten verzögert würde. Das wäre zwar nicht wirklich das Hauptargument, aber so mit sonntagabendlicher Überraschung ginge es besser, den Neuzuwachs auf dem Hof zu erklären.

Jetzt jedenfalls war alles klar, Freibeuterstimmung machte sich breit. Wie die Sache angehen, das Gespann eine Straße vorher parken, damit es nicht ganz so eindeutig wird und womöglich von dem geliehenen noch preistreibende Schlüsse auf das Teil der Begierde überspringen. Na ja, alle Strategien hinkten auf einem Fuß, denn niemand fuhr ohne wirkliche Absicht in die Nähe der benachbarten Kreisstadt. Es war halt nicht so einfach, alte Karren vor dem Schrott zu bewahren. Wechselten diese zwar für ein paar Mark, oder auch einen Kasten Bier den Eigentümer, so machte niemand den Aufwand, Geld für eine Anzeige im Samstagsblatt auszulegen. Die, die so was haben wollten, würden die teuere Samstagsausgabe nicht kaufen, Telefon hatte lange nicht jeder und Mobiltelefon der Kanzler in seinem Mercedes. So verschwanden die guten Stücke zu meist sehr abrupt im Schrott, wo ja auch meine herstammte.

Angekommen in der Bergmannssiedlung brauchte ich mehrere Anläufe. Die Streckenbeschreibung war mir offensichtlich nicht auf dem ersten Weg einsichtig, aber nach hartnäckigen Ziehen kleiner werdender Kreise verringerte sich die Zahl der verbleibender Straßen zusehends. Ja, fahren Sie mal in die übernächste Ihnen nicht bekannte Gemeinde, ohne Navigationsgerät, ohne Stadtplan. Die flächendeckende Verbreitung von Falkplänen und wie sei alle heißen für Dörfer ab zwei Einwohner stand noch aus. Der Schmierzettel war halt nicht so ohne, aber alles hat ein Ende. Von einer Isetta war nichts zu sehen, von einem Vorgarten eigentlich auch nicht wirklich, möglicherweise versteckte sie sich ja hinter dem Brettergartenzaun, jedenfalls stand der Name auf der Klingel und nun los!

Die Türe öffnete, jetzt erinnere ich nicht mehr so genau, aber er hatte eine dieser tiefdunkel blauen Arbeiterhosen an und ein leicht verschmutztes ärmelloses ehemals weißes Unterhemd, ein Gesicht verbinde ich leider nicht mehr damit. Guten Tag, ich bin der Kollege von Matthias, dessen Vater mit Ihrem Nachbarn zusammen einfährt und der erzählte das Sie eine Isetta abzugeben haben.

Was, nöö, ich hab keine Isetta!   Wie, aber es hat doch geheißen sie hätten eine…., sollte das alles ein Schabernack werden? Zwischen Erregung und Enttäuschung entschuldigte ich mich, verabschiedete mich und wandte mich zurück in Richtung des Gehweg zum um die Ecke geparkten, umsonst ausgeliehenen Firmenbully samt Hänger, als er in meinem Rücken uninteressiert äusserte, nen Goggo. Was, ich drehte mich um, ein Goggomobil, ach nein, das ist eigentlich nicht das was ich suche, aber wo ich nun mal hier bin, kann ich es mal ansehen?

Umwerfend war er nicht, entlang der unteren Karosseriekante blühte es. Innen hingegen wie neu, in knallrot, schon deutlich wohnlicher als die Isetta, sah das Goggomobil Coupé wirklich wie ein schickes Auto aus, vielleicht was warm gewaschen, einlaufen konnten es doch eigentlich nicht, oder, hautnah war gerade modern. Keiner tat es,aber alle wussten um die Lösung, mit der Jeans angezogen in die gerade noch zu ertragende heiße Badewanne und am Körper trocknen lassen. So kam man in den Siebzigern zu wirklich hauteng sitzenden Klamotten, Uschi Obermeier, Du warst eine Wucht.

Ausser Spesen nichts gewesen, ach das musste nicht sein, wenn ich jetzt schon mal hier bin, was soll er denn kosten. Na ja, eigentlich wollte ich ja eine Isetta haben, damit die Fahrt nicht umsonst ist, nehme ich den doch mit.

 

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